Digitale Transformation in Kitas

Digitale Transformation in der Frühpädagogik: Zwischen Notwendigkeit und Herausforderung

Basierend auf dem Artikel von Daniela Schäfer-Pichula mit dem Titel „Digitaler Transformationsprozess in frühpädagogischen Bildungseinrichtungen?“ (URL:https://www.kindergartenpaedagogik.de/fachartikel/kita-leitung-organisatorisches-teamarbeit/kita-organisation-offene-gruppen/digitaler-transformationsprozess-in-fruehpaedagogischen-bildungseinrichtungen/:, Erschienen am habe ich eine Abhandlung erstellt, die zentrale Inhalte aufgreift, diskutiert und kritisch einordnet.


Einleitung

Die Digitalisierung ist längst kein Zukunftsszenario mehr, sondern prägt alle Lebensbereiche – auch die frühkindliche Bildung. Während Homeoffice, Videokonferenzen und digitale Arbeitsmethoden in vielen Berufsfeldern selbstverständlich geworden sind, steht der frühpädagogische Bereich vielfach noch am Anfang dieser Entwicklung. Der Fachbeitrag von Schäfer-Pichula (2023) leistet einen wertvollen Beitrag zur Diskussion über die Bedingungen, Herausforderungen und Chancen eines digitalen Transformationsprozesses in frühpädagogischen Bildungseinrichtungen. Ausgehend von einem systemisch fundierten Ansatz werden Strukturen, Beteiligungsprozesse und methodische Instrumente skizziert, die eine digitale Entwicklung in der Kita unterstützen können.


Relevanz und Ausgangslage

Die COVID-19-Pandemie wirkte wie ein Brennglas: Während viele Arbeitsbereiche ihre digitale Infrastruktur ausbauten, wurde in Kitas die mangelnde digitale Ausstattung und Qualifikation offenkundig (vgl. BMWi 2021). Gleichzeitig verweist die UN-Kinderrechtskonvention auf das Recht aller Kinder auf Zugang zu digitalen Medien (vgl. Kinderrechte.digital 2021). Die daraus resultierende Verantwortung der Fachkräfte ist enorm – pädagogisches Handeln muss heute auch Medienkompetenz einschließen.

Tillmann & Hugger (2014) sprechen in diesem Zusammenhang von einer „mediatisierten Kindheit“ (S. 32), die den Auftrag an frühpädagogische Institutionen stellt, digitale Lebenswelten aktiv mitzugestalten – nicht zu ignorieren oder zu delegieren. Schäfer-Pichula betont daher mit Nachdruck, dass es eines strukturierten und partizipativen Prozesses bedarf, um digitale Transformationsprozesse nachhaltig in Kitas zu verankern.


Change-Management in der Frühpädagogik

Im Zentrum des Artikels steht der Change-Management-Ansatz, der nicht als technokratischer Umbau verstanden wird, sondern als tiefgreifender sozialer Aushandlungsprozess. Change-Agents, idealerweise aus dem internen System, sollen diese Prozesse moderieren und begleiten (vgl. Macha 2020). Die Rolle der Change-Agents wird als Bindeglied zwischen Leitung, Träger und pädagogischem Team definiert – mit der Aufgabe, Veränderungsbedarfe zu erfassen, Ressourcen zu aktivieren und Widerstände empathisch zu begleiten.

Eine Besonderheit des Fachbeitrags ist die Verbindung mit dem systemischen Ansatz, der auf Kommunikation, Partizipation und Wertschätzung basiert. Der lösungsfokussierte Beratungsstil nach de Shazer und Berg wird hier als praktisches Instrument empfohlen, um Ängste und Widerstände zu adressieren und individuelle Kompetenzen zu stärken (vgl. Bamberger 2015; Glatz/Graf-Götz 2018).


Kritische Reflexion des Transformationsprozesses

Die fiktive Beschreibung eines digitalen Transformationsprozesses zeigt exemplarisch auf, wie ein Bildungsträger den Wandel gestalten kann: Von der Diagnose des Ist-Zustands über strukturierte Veränderungsprozesse bis hin zur Definition messbarer Meilensteine. Besonders hervorzuheben ist die Orientierung an den sieben Dimensionen von Glatz & Graf-Götz (2018), die Aspekte wie Kommunikation, Qualifizierung, Beteiligung und Evaluation umfassen.

Die Vision eines digital aufgestellten Bildungsträgers umfasst:

  • E-Mail-Kommunikation für alle Mitarbeitenden

  • hybride Teamformate (digital & analog)

  • Ausstattung mit Tablets und Laptops

  • regelmäßige digitale Fortbildungsangebote

Diese Ziele erscheinen grundsätzlich realistisch – ihre Umsetzung hängt jedoch stark von finanziellen, zeitlichen und personellen Ressourcen ab.


Herausforderungen: Emotionen, Ressourcen, Haltung

Ein besonderer Verdienst des Artikels ist die Thematisierung der emotionalen Dimension von Veränderungsprozessen. Change-Management, so Schäfer-Pichula, sei in hohem Maße „Emotionsmanagement“ (vgl. Glatz/Graf-Götz 2018, S. 347). Widerstände entstehen oft nicht aus Unwillen, sondern aus Unsicherheit, Überforderung oder fehlender Selbstwirksamkeit. Der systemische Ansatz nimmt diese Gefühle ernst und bietet Methoden zur Verarbeitung, z. B. durch empathisches Zuhören oder skalenbasierte Reflexionen (vgl. Lüthi 2017).

Zudem wird betont, dass nicht alle Mitarbeitenden den digitalen Wandel mittragen oder sich neue Kompetenzen aneignen wollen oder können. Die Herausforderung für Träger und Change-Agents besteht darin, individuelle Ausgangslagen zu berücksichtigen und Fortbildungen wirklich bedarfsgerecht zu gestalten – eine Generalstrategie gibt es nicht.


Fazit und Perspektive

Schäfer-Pichulas Beitrag bietet praxisnahe Impulse für eine digitale Weiterentwicklung frühpädagogischer Bildungseinrichtungen. Der Fachbeitrag macht deutlich: Digitalisierung darf nicht als technisches Projekt verstanden werden, sondern muss in der Kultur und Organisation der Einrichtung verankert sein. Dafür braucht es Dialog, Qualifikation, Beteiligung – und vor allem: Zeit.

Zudem fordert der Text, die digitale Entwicklung in der Kita nicht als Zusatzaufgabe zu betrachten, sondern als Teil professionellen Handelns im 21. Jahrhundert. Dies verlangt auch eine Reform der Ausbildungsgänge sowie die Integration von Medienpädagogik und Organisationsentwicklung in die Curricula.

Wie Schulze (2019) formuliert: „Digitalisierung sollte als Aufgabe der Organisationsentwicklung verstanden und wahrgenommen werden.“ In diesem Sinne kann der Beitrag von Schäfer-Pichula als Plädoyer für ein reflexives, systemisch verankertes und sozial verantwortliches Verständnis von Digitalisierung in der frühen Bildung gelesen werden.


Literatur (Auswahl)
  • Bamberger, G. (2015): Lösungsorientierte Beratung. Weinheim: Beltz.

  • BMWi (2021): Digitalisierung in Deutschland – Lehren aus der Corona-Krise.

  • Glatz, H.; Graf-Götz, F. (2018): Handbuch Organisation gestalten. Weinheim: Beltz.

  • Kinderrechte.digital (2021): Kinderschutz und Kinderrechte in der digitalen Welt.

  • Lüthi, E. (2017): Diversität konkret. Universität Duisburg-Essen.

  • Macha, H. (2020): Studyguide Change Management. Universität Koblenz-Landau.

  • Schäfer-Pichula, D. (2023): Digitaler Transformationsprozess in frühpädagogischen Bildungseinrichtungen?

  • Schulze, A. (2019): Digitalisierung auch in der Kita.

  • Tillmann, A.; Hugger, K. U. (2014): Mediatisierte Kindheit. Wiesbaden: Springer VS.

URL:https://www.kindergartenpaedagogik.de/fachartikel/kita-leitung-organisatorisches-teamarbeit/kita-organisation-offene-gruppen/digitaler-transformationsprozess-in-fruehpaedagogischen-bildungseinrichtungen/