Teamarbeit ist in Kindertageseinrichtungen nicht nur organisatorisch notwendig, sondern entscheidend für die Qualität der pädagogischen Arbeit. Aus systemischer Sicht ist ein Team ein lebendiges soziales System, in dem sich individuelle Perspektiven, institutionelle Strukturen und Beziehungsdynamiken über Kommunikation und gemeinsame Prozesse verbinden (vgl. Schiersmann et al., 2012).
Eine funktionierende Teamkultur wirkt sich positiv auf die pädagogische Qualität, das Arbeitsklima und letztlich auch auf die Entwicklungschancen der Kinder aus (vgl. Becker-Stoll & Textor, 2012).
Systemische Grundlagen der Teamentwicklung
Die systemische Perspektive betrachtet das Team als ein dynamisches System, das sich durch Selbstorganisation, wechselseitige Beeinflussung und Rückkopplungsschleifen auszeichnet (vgl. Arnold, 2012). Veränderungen in einem Teil des Systems wirken sich auf das Ganze aus. Teamentwicklung ist daher nicht einfach Steuerung von außen, sondern ein Prozess der gemeinsamen Reflexion, Beziehungsgestaltung und Aushandlung von Zielen.
Zentrale Merkmale systemischer Teamentwicklung sind:
– Ressourcen- und Lösungsorientierung
– Zirkuläres Denken und Perspektivenvielfalt
– Selbstverantwortung und geteilte Leitung
– Reflexion institutioneller Rahmenbedingungen
Konkrete Methoden zur systemischen Teamentwicklung in der Kita
Teamlandkarte (Systemische Visualisierung)
Ziel:
Visualisierung von Beziehungen, Rollen und Kommunikation im Team.
Durchführung:
Jedes Teammitglied markiert seinen Platz auf einem Plakat (symbolisch: räumlich, emotional, thematisch). Linien oder Symbole markieren Nähe, Distanz, Kooperationsachsen oder Spannungen.
Nutzen:
Fördert das Bewusstsein für implizite Strukturen und Rollenverteilungen.
Kollegiale Fallberatung (systemisch erweitert)
Ziel:
Reflexion schwieriger pädagogischer Situationen aus verschiedenen Perspektiven.
Ablauf:
Fall wird vorgestellt, ohne dass sofort Lösungen diskutiert werden. Kolleg*innen stellen systemische Fragen („Was würde das Kind sagen, wenn es hier wäre?“). Später werden Hypothesen und Ideen gesammelt.
Nutzen:
Perspektivenwechsel, Entlastung, kreative Lösungsfindung.
Teamgenogramm oder Teamsoziogramm
Ziel:
Analyse von Teamstrukturen und -geschichten.
Durchführung:
Erstellung eines Genogramms (ähnlich dem Familiengenogramm) mit Eintrittszeitpunkten, Rollenwechseln, Hierarchien. Gemeinsame Reflexion über wiederkehrende Muster und Dynamiken.
Nutzen:
Macht unbewusste Traditionen oder Konfliktmuster sichtbar.
Zirkuläre Fragen in Teamsitzungen
Beispiel: „Was glaubt ihr, wie sich die Stimmung im Team verändert hat, seit XY gegangen ist?“
Nutzen:
Fördert das Verständnis füreinander, beleuchtet Wechselwirkungen, stärkt systemisches Denken.
Aufstellungen im Team (mit Figuren oder Bodenankern)
Ziel:
Sichtbarmachung von Dynamiken im Team oder bei bestimmten Themen.
Durchführung: Teammitglieder positionieren Figuren für sich selbst, Kinder, Eltern, Leitung etc. Reflexion der Abstände, Ausrichtungen, Bündnisse.
Nutzen:
Klärung emotionaler Themen, Aktivierung von Lösungsbildern.
Retrospektive oder Feedbackrunden mit systemischem Fokus
Fragen:
Was lief gut in unserer Zusammenarbeit in den letzten Wochen? Was war herausfordernd – und was sagt uns das über unsere Teamkultur? Welche Ressourcen könnten wir stärker nutzen?
Nutzen:
Regelmäßige Reflexion unterstützt nachhaltige Entwicklung und Rollenklärung.
Ergänzende Literatur zur Teamentwicklung
- Becker-Stoll, F., & Textor, M. R. (2012). Teamentwicklung in Kindertageseinrichtungen. Berlin: Cornelsen Scriptor.
- Müller, H. (2018). Teamentwicklung in Kitas. Systemisch gedacht – praktisch gestaltet. Freiburg: Herder.
- Schiersmann, C. et al. (2012). Grundlagen systemischer Beratung. Wiesbaden: Springer VS.